Düstere Popsongs mit leichtem Rockeinschlag bieten die finnischen Senkrechtstarter von Negative auf ihrem „Sweet and deceitful“ betitelten Album. Da die Band einen metrosexuellen Frontmann ihr Eigen nennt und durch ihre mehr als nur lächerlich anmutenden Videos, die auch hierzulande einen enormen Bekanntheitsgrad genießen, vor allem die Zielgruppe schmachtender weiblicher Teenager anspricht, stellt sich dem gemeinen Rezensenten fast unweigerlich die Frage, ob die Welt einen hunderttausendsten HIM Klon braucht oder ob man vorliegendes Album postwendend in der Ablage P verstauen sollte? Da aber in erster Linie die dargebotene Musik Gegenstand einer Plattenkritik sein sollte und etwaige Image Verfehlungen erfahrungsgemäß nicht zu Punktabzug sondern lediglich zu möglicherweise übereilten Kategorisierungen beim Rezensenten führen, geben wir den 12 auf „Sweet and deceitful“ enthaltenen Kompositionen eine faire Chance. Was haben also Negative was HIM nicht haben? Oder anders gefragt, warum sollte man ein Album dieser Band kaufen, wenn man schon sämtliche Platten seiner infernalen Majestät im Plattenschrank stehen hat?

Tatsächlich gewinnen Negative in diesem Leben keinen Innovationspreis mehr, zu offensichtlich schifft das Duzend Songs im bekannten Fahrwasser aus Herzschmerz-Lyrics und eingängigen Songstrukturen, zu sehr ähnelt die Stimme Jonne Aarons dem großen Vorbild. Nichts desto trotz hat der Sechser es geschafft, teilweise fast schon anbetungsbedürftige Nummern mit großartigen Refrains zu erschaffen, die sich weder besonders schnell abnutzen, noch so klingen als ob man sie irgendwo schon mal gehört hätte. Tut euch mal Songs wie das überragende  “My My – Hey Hey (Out of the blue)”, das beschwingte “Frozen to loose it all”, die tolle Ballade „Neverending parade“ oder den Ohrwurm „Secret forgiveness“ an und jeder aufgeschlossene Musikfan sollte mir Recht geben, dass man Negative unrecht täte, wenn man ihnen die offensichtlich vorhandenen erstaunlichen Songwriter Fähigkeiten absprechen würde.

Ich kann mir einfach nicht helfen, jedes mal wenn ich besagte Tracks höre, bekomme ich unweigerlich gute Laune. Ein besonderes Schmankerl präsentieren die Finnen mit dem Song „Until you’re mine“, indem sich der Sentenced Sänger und Landsmann Ville Laihiala mit Jonne Aaron ein Sangesduett liefern. Stellt euch den Track wie eine Kombination aus Sentenced zu „Crimson“ Zeiten und einem gut gemachten Popsong vor und ihr wisst in etwa wie das Ding klingt. Ihr seht schon, Negative überzeugen nicht durch revolutionäre Arrangements oder bahnbrechend neue Ideen, sie haben lediglich eine Fülle von weit überdurchschnittlichen Songs geschrieben, die es verdient haben, vorbehaltlos beurteilt zu werden.

In diesem Sinne vergebe ich für „Sweet and deceitful“ dünne 6 Punkte, in der Hoffnung, dass die Band aus dem Lande der tausend Seen in Zukunft ein bisschen mehr Eigenständigkeit in ihre Nummern einfließen lässt und weiterhin derart überzeugende Ohrwürmer auf Tonträger bannt.

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